Von Durchgestrichen zu Gleichberechtigung - Solinger Pastoren teilen ihre Geschichten

Von Durchgestrichen zu Gleichberechtigung - Solinger Pastoren teilen ihre Geschichten
Vom Durchstreichen zur Gleichberechtigung – Solinger Pfarrerinnen erzählen ihre Geschichten
50 Jahre Gleichstellung in der Gemeinde – Wie Frauen auf die Kanzel stiegen Solingen – Genau die Hälfte der 26 Pfarrer:innen im Kirchenkreis Solingen sind heute Frauen. Was heute selbstverständlich wirkt, ist das Ergebnis eines langen kirchlichen und gesellschaftlichen Lernprozesses. Denn die rechtliche Gleichstellung von Frauen und Männern in der Gemeinde wurde in der Evangelischen Kirche erst vor 50 Jahren erreicht.
Frauen in pastoralen Ämtern haben in der Evangelischen Kirche im Rheinland in den letzten Jahrzehnten stetige Fortschritte gemacht. Die rechtliche Gleichstellung kam 1975 – doch der Wandel im Alltag dauerte länger. Heute sind die Hälfte der Solinger Pfarrer:innen Frauen, doch Herausforderungen bleiben, etwa bei der Vereinbarkeit von Familie, Amt und tief verwurzelten Traditionen.
Der Weg zur Gleichberechtigung begann in den 1970er-Jahren. Elisabeth Raiser wurde 1977 als erste Frau zur Oberkirchenrätin im Rheinland berufen. Gisela Vogel folgte wenig später und brach ebenfalls als Oberkirchenrätin Barrieren. Als sie 1967 ihren Dienst antrat, stand in ihrem Bestallungsschreiben noch „Lieber Bruder“ – bis jemand es durchstrich und handschriftlich „Liebe Frau“ hinzufügte.
Während des Zweiten Weltkriegs sprangen Frauen oft in pastorale Lücken, die durch abwesende Männer entstanden. Doch nach Rückkehr der Soldaten wurden viele wieder in unterstützende Rollen gedrängt. Die rechtliche Gleichstellung erfolgte schließlich 1975, doch alte Denkmuster hielten sich hartnäckig. Gisela Vogel saß später als einzige Frau unter zwanzig Männern im kirchlichen Leitungsgremium. Raphaela Demski-Galla, die 2006 ihr Theologiestudium begann, erlebte zwar sichtbarere Gleichstellung, doch die Last der Familienverantwortung traf Frauen im Pfarramt nach wie vor stärker. Sie betont die Bedeutung von Beziehungsarbeit in der Seelsorge – eine Fähigkeit, die sie für moderne Geistliche als unverzichtbar ansieht.
Dr. Ilka Werner, heute Superintendentin des Solinger Kirchenkreises, begann ihr Studium in den 1990er-Jahren mit einem klaren Ziel: Unabhängigkeit. Anfangs waren pastorale Stellen rar, und manche stellten infrage, ob Frauen überhaupt lehren dürften. Heute pocht sie darauf, dass die Kirche die Vielfalt ihrer Mitglieder widerspiegeln muss – inklusive Geschlecht, Alter und sexueller Orientierung.
Im Kirchenkreis Solingen gibt es heute 26 Pfarrer:innen, die Hälfte davon Frauen. Dieser Wandel ist das Ergebnis jahrzehntelanger rechtlicher Kämpfe, persönlicher Beharrlichkeit und schrittweisen kulturellen Umdenkens. Doch die Balance zwischen Amt, Familienleben und der Überwindung alter Vorurteile bleibt für viele eine andauernde Aufgabe.

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